Wie viel verdient ein Schauspieler in der Schweiz?

In unserem Alltag begegnen wir SchauspielerInnen immer wieder. Sei es in einer YouTube-Werbung, einer Netflix-Serie oder bei einer Durchsage im öffentlichen Raum. Doch wenige wissen wirklich, wie viel ein Schauspieler in der Schweiz eigentlich verdient. Da ich eine Schauspielausbildung absolviert habe und bereits als Schauspieler in verschiedenen Produktionen gespielt habe, schauen wir uns in diesem Beitrag die verschiedenen Tätigkeitsfelder und Gehälter von SchauspielerInnen an.

Und weil beim Thema Lohn auch immer die Themen der sozialen Sicherheit und Vorsorge mitschwingen, schauen wir uns auch diese Punkte hier etwas genauer an. Als SchauspielerIn ist man oft freischaffend tätig. Das heisst, man hat wechselnde Arbeitgeber und ist jeweils nur befristet angestellt. Das weicht erheblich vom Normalfall, auf dem die Sozialversicherungen basieren, ab. So ist die Gefahr gross, dass man zwischen Stuhl und Bank fällt und weder im Alter noch bei einem Schicksalsschlag genügend abgesichert ist. Umso wichtiger ist es, sich eigenverantwortlich um die Vorsorge zu kümmern.

Die Bezeichnung freischaffend existiert übrigens offiziell nicht. Im Arbeits- und Sozialversicherungsrecht gelten SchauspielerInnen als Angestellte und nicht als Selbständig erwerbende.

Gage Film – Fernsehen und Kino

Die wenigsten Fernsehsender produzieren Filme oder Serien selbst, sondern geben diese bei Produktionsfirmen in Auftrag. Auftraggeber ist also oft eine Produktionsfirma und nicht direkt ein Fernsehsender.

FilmschauspielerInnen erhalten meist eine Tagesgage und sind nicht im Monats- oder Stundenlohn angestellt. Diese Tagesgage erhält man nur, wenn man an dem Tag auch effektiv gedreht hat. Es spielt dabei keine Rolle, ob man nur eine Szene dreht, und vielleicht nur drei Stunden am Set ist, oder ob man in jeder Szene im Bild ist und man 10 Stunden am Set ist.

Was ist in einer Tagesgage enthalten?

Machen wir ein Beispiel: Für einen neunzig minütigen Film wird an ungefähr 30 Tagen gedreht. Der gesamte Dreht erstreckt sich also auf ca. eineinhalb bis zwei Monate. Die Anzahl der Drehtage hängt dabei natürlich von der Grösse der Rolle ab. Nehmen wir als Beispiel Anna und Tom. Anna spielt eine Hauptrolle und hat 28 Drehtage. Tom hat eine kleine Rolle und dreht nur an zwei Tagen.

Vor den Dreharbeiten finden Lese-, Kostüm- und Maskenproben statt und nach dem Dreh müssen manchmal gewisse Szenen nochmals nachsynchronisiert werden. All diese Termine werden nicht separat vergütet. Wohnt Anna in der Nähe, wird sie mit Produktionsfahrzeugen morgens abgeholt und abends wieder nach Hause gefahren oder sie reist selbst an und ab. Ist der Drehort abgelegener, wird ihr die Produktionsfirma ein Hotelzimmer zur Verfügung stellen.
Nehmen wir an, dass Tom nicht in der Nähe wohnt und da er einen vollen Drehtag hat, muss er bereits am Tag davor ins Hotel anreisen. Dieser Tag wird nicht extra vergütet. Auch alle anderen Vorbereitungsarbeiten wie Textlernen, Rollenstudium usw. werden nicht separat entlohnt. In Deutschland hat sich dafür der Begriff Schattentage eingebürgert. Anna bekommt ihre Tagesgage 28-mal und Tom zweimal ausbezahlt. Für Tom ist somit das Verhältnis von unbezahlten Tagen zu den effektiven Drehtagen wenig befriedigend. Für Anna mit ihren 28 Drehtagen sieht es da schon besser aus.

Mittagessen, Getränke und Snacks zwischendurch werden von der Produktionsfirma organisiert, sind also gratis. Wohnt man im Hotel und wird das Abendessen nicht von der Produktion organisiert, erhält man sogenannte Diäten. Das ist ein Fixbetrag, mit dem man auf eigene Faust nachtessen kann.

Höhe der Tagesgage

Die Höhe der Gage hängt von verschiedenen Faktoren, wie der Bekanntheit der SchauspielerIn, der Grösse und Art der Produktion sowie dem Verhandlungsgeschick der Schauspielagentur ab. Der Berufsverband Darstellende Künste SzeneSchweiz hat eine Gagenempfehlung für TV- und Kinoproduktionen herausgegeben. Darin wird eine Mindestgage für EinsteigerInnen von CHF 1’400 pro Tag und für erfahrene SchauspielerInnen von CHF 1’800 pro Tag empfohlen. Wie es der Name schon sagt, sind das nur Empfehlungen, oftmals liegt die Gage wesentlich darunter.

Der Berufsverband der professionellen Filmschaffenden SSFV hat in einer Umfrage 2021 folgende Tagesgagen ermittelt: 

  • Männer alle Alters- und Erfahrungsgruppen: CHF 1’554
  • Frauen alle Alters- und Erfahrungsgruppen: CHF 1’158

Wie diese Umfrage zeigt, ist auch in der Schauspielbranche die Lohngleichheit noch nicht erreicht. Zudem gibt es für Männer sowohl im Film als auch im Theater meistens mehr Rollen als für Frauen.

Ein Tagesverdienst von um die CHF 1’500 klingt auf den ersten Blick nach viel, jedoch sind SchauspielerInnen meist nicht nahtlos beschäftigt. Verdient Anna also für den gesamten Dreh CHF 32’424 (28 x 1’158; brutto), muss das nicht nur für die zwei Monate reichen, sondern bis zum nächsten Projekt. Darum gehen viele SchauspielerInnen auch einer Nebentätigkeit nach, die ihnen ein gewisses fixes monatliches Gehalt und damit etwas mehr Sicherheit einbringt.

Werden SchauspielerInnen von einer Agentur vertreten, geht ca. 10% der Bruttogage als Agenturprovision an die Agentur.

Gage Theater

Im Theater ist man entweder fix an einem Haus angestellt und erhält einen Monatslohn, das ist zum Beispiel bei einem Stadttheater der Fall, oder man ist freischaffend und wird jeweils nur für eine Produktion oder eine gewisse Zeit angestellt. Freischaffende SchauspielerInnen erhalten meistens eine Probenpauschale und werden dann pro gespielte Aufführung bezahlt.

Theater Gage

Der Schweizerische Bühnenverband hat mit dem Berufsverband Darstellende Künste SzeneSchweiz Mindestgagen für Festangestellte an Theaterhäusern ausgearbeitet. Diese bewegen sich in der Saison 22/23 zwischen CHF 4’000 (z. B. Luzerner Theater) und CHF 4’400 (Schauspielhaus Zürich).

Der Berufsverband der freien Theaterschaffenden ACT hat 2016 Richtgagen und Richtlöhne publiziert. Der Brutto-Richtlohn für eine Probenwoche betrug damals CHF 1’250 und die Brutto-Gage pro Auftritt CHF 500 (CHF 400 bei mehreren Auftritten am selben Ort). Mittlerweile heisst der Verband t. Theaterschaffen Schweiz und die überarbeiteten Richtgagen sollen im Herbst 2023 vorliegen.

Ich habe aber auch schon Verträge gesehen, bei denen die Pauschale für sechs Wochen Proben nur CHF 1’000 betragen hat. Auch hier kommt es stark auf die Bekanntheit des Schauspielers, die Grösse der Produktion und die Anzahl der Vorstellungen an.

Gage Werbung

In der Werbung können SchauspielerInnen entweder vor der Kamera stehen oder sie sprechen nur den Text für Werbespots. Sieht man das Gesicht, ist der Wiedererkennungswert natürlich höher und für einen Werbespot braucht man deutlich mehr Vorbereitungszeit. Ein Dreh dauert ausserdem meist länger als eine Tonaufnahme, weshalb die Gagen dementsprechend höher ausfallen. Als SpercherIn kann man den Text im Tonstudio hingegen ganz einfach ablesen.

Schauspieler

Die Berufsverbände SSFV, t., SzeneSchweiz und SSRS haben Empfehlungen zu Schauspielgagen und Buyouts bei Werbeproduktionen herausgegeben. AnfängerInnen und SchauspielerInnen in Ausbildung müssen demnach mindestens eine Tagesgage von CHF 1’500 erhalten. Auch hier werden Casting, Kostüm- und Maskenproben sowie die Anreise nicht separat vergütet.

Wird der Werbespot tatsächlich ausgestrahlt, was nicht immer der Fall ist, werden zusätzlich zur Gage sogenannte Nutzungsentschädigungen fällig. Man nennt diese auch Buyouts. Wird ein Spot zum Beispiel im nationalen Fernsehen ausgestrahlt, erhält die Schauspielerin gemäss Richtlinien der Berufsverbände zusätzlich zu Gage ein Buyout von 100%. Wird der Spot ausserdem im Kino (+75%) und als Online-Werbung (100%) geschaltet, wird pro Medium ein zusätzliches Buyout fällig. Ein Beispiel: Eine Anfängerin erhält eine Gage von CHF 1’500 und zusätzlich ein Buyout für die drei Medien von 275% der Tagesgage, also CHF 4’125, macht ein Total von CHF 5’625. Kommt der Werbespot im darauffolgenden Jahr noch einmal zur Ausstrahlung, wird wiederum das Buyout von CHF 4’125 fällig.

In der Werbung sind die Gagen in den letzten Jahren stark gesunken. Oft bekomme ich Anfragen mit einer Tagesgage von CHF 1’200 und einem All-In-Buyout für alle Medien von 100%. Als Anfänger würde ich mich mit zehn Jahren Berufserfahrung nun nicht mehr bezeichnen. 

Sprecher

Gemäss der Tarifliste der Vereinigung professioneller SprecherInnen VPS wird für ein Werbespot in einem visuellen Medium ein Honorar von CHF 450 fällig. Bei einem Werbespot für einen Radiospot beträgt der Lohn CHF 250. Anreisen unter 20km werden nicht vergütet. SprecherInnen, die der VPS nicht angeschlossen sind, haben ihr eigene Tarife. Bei kleineren Radiosender oder Tonstudios aus dem Ausland ist die Gage wesentlich tiefer.

SprecherInnen werden auch für Dokumentar- und Schulungsfilme, Hörspiele oder Durchsagen im öffentlichen Raum gebucht. Immer mehr Firmen setzen Text-to-Speech-Lösungen ein und bringen so die Gagen weiter unter Druck.

Sprecher Honorar

Sozialversicherungen für SchauspielerInnen

SchauspielerInnen sind, wie eingangs erwähnt, meisten nicht selbständig erwerbend, weil ihnen bei der Gestaltung der Arbeit, bei deren Ausführung und Einteilung keine grosse Freiheit zukommt. Sie sind weisungsgebunden und der Arbeitgeber erstellt den Dreh-, Proben- oder Vorstellungsplan. Die Arbeitgeber müssen somit die Hälfte der Sozialabgaben bezahlen.

AHV/IV/EO (1. Säule)

Arbeitgebende aus den Bereichen Tanz- und Theaterproduktionen, Orchester, Phono- und Audiovisionsproduktionen, Radio und Fernsehen sowie Schulen im künstlerischen Bereich müssen auch AHV/IV/EO- und ALV-Beiträge erheben, wenn der Lohn CHF 2’300 pro Jahr und Arbeitgeber nicht übersteigt.

Die Abzüge werden wie bei jedem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber vorgenommen und der Beitragssatz ist ebenfalls 10.6%.

BVG (2. Säule) generell

Kurz die Basics: Wenn du bei einem Arbeitgeber in der AHV versicherst bist und einen Jahreslohn von mindestens CHF 21’510 (bis 2022) bez. CHF 22’050 (ab 2023) beziehst, bist du obligatorisch in der zweiten Säule versichert. Man nennt dies auch Eintrittsschwelle.

Davon gibt es ein paar Ausnahmen, zum Beispiel sind ArbeitnehmerInnen mit einem befristeten Arbeitsvertrag von höchstens drei Monaten dem Obligatorium nicht unterstellt. Wie du oben gelesen hast, arbeiten SchauspielerInnen häufig in befristeten Arbeitsverhältnissen bei wechselnden Arbeitgebern. Sie könnten also kaum im Rahmen der zweiten Säule vorsorgen.

Dank dem Art. 46 BVG mit dem Titel “Erwerbstätigkeit im Dienste mehrerer Arbeitgeber” kann sich ein nicht obligatorisch zu versichernder Arbeitnehmer selbst bei einer Vorsorgeeinrichtung anschliessen. Somit gilt der Jahreslohn nicht mehr pro Arbeitgeber, sondern wird nun kumuliert betrachtet.

BVG (2. Säule) SchauspielerInnen

Verschiedene Berufsverbände haben sich zusammengeschlossen und Vorsorgestiftungen gegründet, bei der sich Schauspieler freiwillig anschliessen können. Für SchauspielerInnen sind dies zum Beispiel die Charles Apothéloz-Stiftung Berufliche Vorsorge für Kulturschaffende (CAST) oder die Vorsorgestiftung Film und Audiovision – Fondation de Prévoyance Film et Audiovision (vfa – fpa). Dieser Pensionskassen sind also nicht die Arbeitgeber angeschlossen, sondern die Arbeitnehmer. Die verschiedenen Arbeitgeber rechnen dann direkt mit der jeweiligen Pensionskasse ab. 

Eine weitere Besonderheit ist der gleichbleibende Beitragssatz von je 6% für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Bei einer „normalen“ Pensionskasse steigt die Höhe der Altersgutschriften mit zunehmendem Alter.

Höhe der Altersgutschriften:

AlterProzentsatz des
koordinierten Lohnes
25 – 347%
35 – 4410%
45 – 5415%
55 – 64/6518%

Vor Vertragsabschluss muss der Schauspieler die Arbeitgeberin aktiv darüber informieren, dass er einer Pensionskasse angeschlossen ist. Es ist also wichtig, dass du über Vorsorgethemen informiert bist und Eigenverantwortung übernimmst.


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4 comments
  1. Sehr interessanter Beitrag. Vieles wusste ich nicht. Schauspieler:innen sind echte Unternehmer:innen, die sich sogar selber um die AHV und BVG kümmern müssen. Danke für die Offenheit.

    1. Vielen Dank für deinen Kommentar. Viele SchauspielerInnen haben den finanziellen Aspekten in der Vergangenheit leider wenig Beachtung geschenkt. Aber in den letzten Jahren hat zum Glück ein Umdenken stattgefunden.

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